Do 01.09.2022, 20.00 Uhr | Rathausmarkt
Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 19
Franz Schubert: Symphonie Nr. 9 C-Dur D 944 „Die Große“
Dirigent: Kent Nagano
Violine: Christian Tetzlaff
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Kent Nagano gilt als einer der herausragenden Dirigenten sowohl für das Opern- als auch das Konzertrepertoire. Seit der Spielzeit 2015/16 ist er Generalmusikdirektor und Chefdirigent der Hamburgischen Staatsoper und Hamburgischer Generalmusikdirektor des Philharmonischen Staatsorchesters. Sehr stark setzt er sich zudem als Künstlerischer Leiter der Wagner Lesarten mit Concerto Köln und dem Dresdner Festspielorchester sowie als Schirmherr der Herrenchiemsee Festspiele ein. Seit 2006 ist er Ehrendirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, seit 2019 von Concerto Köln sowie seit 2021 des Orchestre symphonique de Montréal.
In gewohnter Tradition begann die Saison 2022/23 in Hamburg für Kent Nagano mit zwei Open-Air-Konzerten auf dem Rathausmarkt. Der Oktober an der Staatsoper Hamburg hält für Nagano eine Neuproduktion von Wagners Der fliegende Holländer in einer Inszenierung von Michael Thalheimer bereit. Es folgen Wiederaufnahmen von Beethovens Fidelio, Wagners Tannhäuser, Strauss‘ Elektra und Offenbachs Les contes d’Hoffmann sowie im Januar 2023 die Premiere der Neuproduktion von Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk in einer Inszenierung von Angelina Nikonova und im Mai 2023 die Premiere der Neuproduktion von Salvatore Sciarrinos Venere e Adone in einer Inszenierung von Georges Delnon. Mit dem Philharmonischen Staatsorchester wird er 2023 das Internationale Musikfest Hamburg mit "On a Clear Day" des US-amerikanischen Dirigenten Sean Shepherd und Beethovens Symphonie Nr. 8 eröffnen. Weiterhin dirigiert er während der Saison Konzerte in der Elbphilharmonie mit Werken von u. a. Brahms, Haydn und Mahler sowie erneut Jörg Widmanns Oratorium ARCHE, das 2017 im Rahmen des Eröffnungsfestivals der Hamburger Elbphilharmonie uraufgeführt wurde, mit dem Kinder- und Jugendchor der Hamburgischen Staatsoper, den Alsterspatzen, der Audi Jugendchorakademie sowie renommierten SolistInnen.
Höhepunkte der vergangenen Spielzeiten in Hamburg waren u. a. Opernproduktionen wie Les Troyens, Lulu, Lessons in Love and Violence und die Uraufführung Stilles Meer sowie Les Contes d’Hoffmann in der Neuinszenierung von Daniele Finzi Pasca (bei EuroArts auf DVD erschienen, Februar 2022) die „Philharmonische Akademie“ in St. Michaelis, Open-Air-Konzerten auf dem Rathausmarkt sowie die Uraufführung von Pascal Dusapins Werk Waves für Orgel und Orchester in der Elbphilharmonie. Orchestertourneen mit dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg führten Kent Nagano in den vergangenen Jahren nach Japan, Spanien und Südamerika.
Als vielgefragter Gastdirigent arbeitet Kent Nagano regelmäßig weltweit mit den führenden internationalen Orchestern, u. a. mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Orchestre Philharmonique Radio France, dem Orchestre de l’Opéra national in Paris, dem Chicago sowie Detroit Symphony Orchestra, dem Radio Filharmonisch Orkest, dem Finnish Radio Symphony Orchestra und den Wiener Symphonikern. Besondere Projekte waren die Produktionen von Wagners Das Rheingold mit Concerto Köln und der Bernstein-Oper A quiet place in der Pariser Oper.
Weitere Opernproduktionen waren u. a. Dusapins Il viaggio, dante bei dem Festival d‘Aix-en-Provence, Hindemiths Cardillac und Henzes Die Bassariden und die Uraufführung von Saariahos L’amour de loin bei den Salzburger Festspielen. Zu den weiteren Uraufführungen, die er dirigiert hat, zählen Bernsteins A White House Cantata sowie die Opern Alice in Wonderland von Unsuk Chin, Three Sisters von Peter Eötvös und The Death of Klinghoffer und El Niño von John Adams.
Für Gastspiele ist Kent Nagano 2022/23 u. a. am Teatro Massimo in Palermo, der Tonhalle in Zürich, dem Wiener Musikverein, der Philharmonie in Paris und der Isarphilharmonie in München zu Gast. Zudem wird Kent Nagano das Deutsche Symphonie-Orchester in Berlin und das Orchestre symphonique de Montréal dirigieren.
Die Höhepunkte von Kent Naganos Zusammenarbeit mit dem Orchestre symphonique de Montréal von 2006 bis 2020 waren u. a. die Einweihung des neuen Konzertsaals Maison symphonique im September 2011, die Aufführung der kompletten Zyklen der Symphonien von Beethoven und Mahler, Schönbergs Gurrelieder, der konzertanten Versionen von Wagners Tannhäuser, Tristan und Isolde und Das Rheingold, Honeggers Jeanne d’Arc au Bücher sowie Messiaens Saint François d’Assise. Tourneen führten Nagano und das Orchester nach Kanada inklusive der nördlichen Territorien, Japan, Südkorea, Europa (zuletzt 2019), Südamerika und durch die USA. Im Juli 2018 dirigierte Kent Nagano das Orchester mit der Lukas-Passion von Krzysztof Penderecki beim Eröffnungskonzert der Salzburger Festspiele.
Zu seinen Einspielungen mit dem Orchestre symphonique de Montréal bei Sony Classical/Analekta gehören 2013 Mahlers Orchesterlieder mit Christian Gerhaher sowie 2015 eine Gesamtaufnahme aller Symphonien von Beethoven. 2016 erschien bei Decca die von Nagano im März 2015 dirigierte Nordamerika-Premiere von L’Aiglon auf CD, einer selten aufgeführten Oper von Honegger und Ibert. Ferner erschien bei Decca 2016 Danse Macabre mit Werken von Dukas, Saint-Saens, Ives u. a. sowie 2018 Bernsteins A quiet place anlässlich des 100. Geburtstagsjubiläum des Komponisten. 2019 erschien John Adams’ Common tones in simple time und Harmonielehre bei Decca und 2020 die Lukas-Passion von Penderecki bei BIS sowie die Einspielung von Werken von Alberto Ginastera, Bernstein und Samy Moussa bei Analekta.
Während seiner Zeit als Generalmusikdirektor an der Bayerischen Staatsoper in München von 2006 bis 2013 hat Kent Nagano deutliche Akzente gesetzt. Unter seiner musikalischen Leitung wurden die Opern Babylon von Jörg Widmann, Das Gehege von Wolfgang Rihm und Alice in Wonderland von Unsuk Chin uraufgeführt. Darüber hinaus leitete er Neuproduktionen wie Mussorgskys Boris Godunow und Chowanschtschina, Strauss‘ Ariadne auf Naxos und Die Schweigsame Frau, Poulencs Dialogues des Carmelites, Messiaens Saint François d’Assise, Bergs Wozzeck, George Benjamins Written on skin und Wagners Der Ring des Nibelungen. Tourneen mit dem Bayerischen Staatsorchester führten Nagano und das Orchester durch Europa und nach Japan. Neben Einspielungen der Symphonien Nr. 4 und 7 von Bruckner bei Sony hat Kent Nagano mit dem Bayerischen Staatsorchester verschiedene Opernaufführungen auf DVD veröffentlicht: Unsuk Chins Oper Alice in Wonderland (2008) und Mussorgskys Chowanschtschina (2009) bei unitel classica/medici arts, Dialogue des Carmélites bei Bel Air Classiques (2011) sowie Lohengrin (2010) bei Decca.
Eine weitere wichtige Station in Naganos Laufbahn war seine Zeit als künstlerischer Leiter und Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin von 2000 bis 2006. Mit dem Orchester führte er u. a. Schönbergs Moses und Aron auf (in Zusammenarbeit mit der Los Angeles Opera) und gastierte bei den Salzburger Festspielen mit Zemlinskys Der König Kandaules und Schrekers Die Gezeichneten sowie im Festspielhaus Baden-Baden mit Parsifal und Lohengrin, inszeniert von Nikolaus Lehnhoff. Parsifal, Die Gezeichneten und Lohengrin sind auf DVD erschienen. Zu Naganos Aufnahmen mit dem Orchester gehören Bernsteins Mass, Bruckners Symphonien Nr. 3 und 6, Beethovens Christus am Ölberge, Wolfs Mörike-Lieder, Mahlers Symphonie Nr. 8, Schönbergs Jakobsleiter und Friede auf Erden sowie Johannes Brahms‘ Symphonie Nr. 4 und Arnold Schönbergs Variationen für Orchester op. 31, erschienen bei Harmonia Mundi. Als Ausdruck der Verbundenheit ernannte das Orchester seinen scheidenden Chefdirigenten 2006 zum Ehrendirigenten – eine Auszeichnung, die in der sechzigjährigen Geschichte des Orchesters erst zum zweiten Mal vergeben wurde. Bis heute verbindet ihn eine enge Freundschaft mit dem Orchester.
Im Oktober 2019 erschien die 4-CD-Box mit Kent Nagano, der Pianistin Mari Kodama und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin mit sämtlichen Klavierkonzerten Beethovens, inklusive des Nullten, sowie mit dessen Rondo für Klavier und Orchester WoO 6, dem Tripelkonzert für Klavier, Violine und Violoncello op. 56 und den Eroica-Variationen op. 35 bei Berlin Classics.
Mit Labels wie BIS, Decca, Sony Classical, FARAO Classics und Analekta verbindet ihn eine langjährige Zusammenarbeit, aber auch Berlin Classics, Erato, Teldec, Pentatone, Deutsche Grammophon und Harmonia Mundi ergänzen seine Diskografie. Seine Aufnahmen von Busonis Doktor Faust mit der Opéra National de
Lyon, Prokofjews Peter und der Wolf mit dem Russian National Orchestra sowie Kaija Saariahos L’amour de loin mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin wurden mit einem Grammy ausgezeichnet.
Anlässlich Kent Naganos 70. Geburtstag erschien im Oktober 2021 eine 3-CD-Box mit Werken von Messiaen bei dem BR Klassik Label. Die Veröffentlichung beinhaltet Live-Mitschnitte von Messiaens Poèmes pour Mi, Chronochromie und La Transfiguration de Notre Seigneur Jésus-Christ von Konzerten mit dem Symphonieorchester und Chor des Bayerischen Rundfunks, die die enge Vertrautheit Naganos mit der Musiksprache Messiaens auf besondere Weise zeigen.
Im September 2021 veröffentlichte Kent Nagano im Berlin Verlag sein zweites Buch, in „10 Lessons of my Life“ erinnert er sich an sehr persönliche Begegnungen seines Lebens, aus denen er nicht nur für seine Karriere Entscheidendes gelernt hat. Darunter finden sich unter anderen die isländische Pop-Künstlerin Björk, Frank Zappa, Leonard Bernstein, Pierre Boulez oder auch der Physik-Nobelpreisträger Donald Glaser. 2015 veröffentlichte Kent Nagano mit “Erwarten Sie Wunder!” im Berlin Verlag ein Plädoyer für die Klassische Musik. 2019 wurde das Buch bei dem kanadischen Verlag McGill-Queen‘s University Press unter dem Titel ″Classical Music – Expect the Unexpected“ auf Englisch sowie 2015 unter „Sonnez, merveilles!“ auf Französisch bei Éditions du Boréal herausgegeben.
Als gebürtiger Kalifornier hält Kent Nagano engen Kontakt zu seiner Heimat. Von 1978 bis 2009 war er Music Director beim Berkeley Symphony Orchestra und ist dort weiterhin als Conductor Laureate tätig. Seine ersten großen Erfolge feierte er 1984 beim Boston Symphony Orchestra, als Messiaen ihn für die Uraufführung seiner Oper Saint François d’Assise zum Assistenten des Dirigenten Seiji Ozawa ernannte. Sein Erfolg in den USA führte zu Berufungen in Europa: Von 1988 bis 1998 war er Music Director der Opéra National de Lyon und von 1991 bis 2000 Music Director des Hallé Orchestra. 2003 wurde Nagano zum ersten Music Director der Los Angeles Opera ernannt, nachdem er bereits zwei Jahre lang Principal Conductor der Oper gewesen war.
Seit 2005 ist Kent Nagano Ehrendoktor der McGill University in Montréal, seit 2006 Ehrendoktor der Université de Montréal und seit 2018 Ehrendoktor der San Francisco State University. 2021 ernannte ihn die Hochschule für Musik und Theater Hamburg zum Professor.
Christian Tetzlaff ist seit Jahren einer der gefragtesten Geiger und spannendsten Musiker der Klassikwelt. Im Mai 2015 schrieb The Guardian nach seinem Beethoven-Violinkonzert mit dem London Symphony Orchestra unter Daniel Harding: „The greatest performance of the work I’ve ever heard“.
Konzerte mit Christian Tetzlaff werden oft zu einer existenziellen Erfahrung für Interpret und Publikum gleichermaßen, altvertraute Stücke erscheinen plötzlich in völlig neuem Licht. Daneben lenkt er den Blick immer wieder auf vergessene Meisterwerke wie das Violinkonzert von Joseph Joachim, für das er sich erfolgreich stark gemacht hat, oder das Violinkonzert Nr. 22 von Giovanni Battista Viotti, einem Zeitgenossen Mozarts und Beethovens. Zudem engagiert sich Christian Tetzlaff für gehaltvolle neue Werke, wie das von ihm im Jahre 2013 uraufgeführte Violinkonzert von Jörg Widmann – er pflegt ein ungewöhnlich breites Repertoire und gibt rund 100 Konzerte pro Jahr.
Zu den Höhepunkten der Spielzeit 2021/2022 gehören Konzerte mit dem Tonhalle-Orchester Zürich, The Cleveland Orchestra, London Philharmonic Orchestra, Bergen Philharmonic Orchestra, Orchestra della Svizzera Italiana, San Francisco Symphony Orchestra, Orchestre symphonique de Montréal, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, NDR Radiophilharmonie sowie NDR Elbphilharmonie Orchester. Im Herbst 2021 ist er im Rahmen einer Tournee mit dem Konzerthausorchester Berlin unter der Leitung von Christoph Eschenbach zu erleben und wirkt als Solist beim Haydn2032-Projekt des Kammerorchester Basels unter der Leitung von Giovanni Antonini mit. Zudem tritt er im Duo mit dem Pianisten Lars Vogt beim Rheingau Musikfestival, MDR Musiksommer, Festival International de Musique de Menton, den Weilburger Schlosskonzerten und den Sommerlichen Musiktagen Hitzacker auf. Es folgen weitere Duo-Konzerte mit dem Pianisten Leif Ove Andsnes u.a. im Boulez Saal Berlin, dem Théâtre des Champs-Élysées sowie der Moscow State Philharmonic Society.
Christian Tetzlaff wird regelmäßig gebeten als Residenzkünstler bei Orchestern und Veranstaltern über einen längeren Zeitraum seine musikalischen Sichtweisen zu präsentieren, so u. a. bei den Berliner Philharmonikern, dem Seoul Philharmonic Orchestra und den Dresdner Philharmonikern. In der Saison 2021/2022 wird ihm diese Ehre bei der Londoner Wigmore Hall zuteil. Die ursprünglich für die Saison 2020/2021 geplante Resideny beim London Symphony Orchestra wird voraussichtlich in der Saison 2022/2023 nachgeholt werden.
Im Verlauf seiner Karriere gastierte Christian Tetzlaff mit allen großen Orchestern, darunter den Wiener und New Yorker Philharmonikern, dem Concertgebouworkest in Amsterdam und allen Londoner Orchestern. Er arbeitete mit legendären Maestri wie Sergiu Celibidache, Bernard Haitink, Lorin Maazel und Kurt Masur sowie in jüngerer Zeit mit Barbara Hannigan, Karina Canellakis, Robin Ticciati, Christoph von Dohnányi, Paavo Järvi, Vladimir Jurowski, Andris Nelsons, Sir Simon Rattle, Esa-Pekka Salonen und Michael Tilson Thomas, um nur einige zu nennen.
Bereits 1994 gründete Christian Tetzlaff sein eigenes Streichquartett und bis heute liegt ihm die Kammermusik ebenso am Herzen wie seine Arbeit als Solist mit und ohne Orchester. Jedes Jahr unternimmt er mit dem Tetzlaff Quartett mindestens eine ausgedehnte Tournee, so auch in der Saison 2021/2022 mit Konzerten u.a. in der Kölner Philharmonie, dem Théâtre des Champs-Élysées sowie einer Tournee in die USA inklusive der Carnegie Hall. 2015 wurde das Quartett mit dem Diapason d’or ausgezeichnet, das Trio mit seiner Schwester Tanja Tetzlaff und dem Pianisten Lars Vogt im darauffolgenden Jahr für den Grammy nominiert.
Für seine CD-Aufnahmen hat Christian Tetzlaff zahlreiche Preise erhalten, darunter 2018 den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik und den Diapason d’or sowie 2017 den Midem Classical Award. Ein besonderes Anliegen sind ihm seit jeher die Solo-Sonaten und Partiten von Bach, deren Aufnahmen er 2017 zum dritten Mal veröffentlichte. The Strad Magazin lobte diese Aufnahme als „aufmerksame und lebendige Antwort auf die Schönheiten der Bach‘schen Solowerke“. Zuletzt erschien im Herbst 2019 beim Label Ondine eine Einspielung der Violinkonzerte von Beethoven und Sibelius mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter Robin Ticciati, die bei Presse wie Publikum Begeisterung auslöste.
Was den 1966 in Hamburg geborenen und inzwischen mit seiner Familie in Berlin lebenden Musiker so einzigartig macht, sind – neben seinem großen geigerischen Können – vor allem drei Dinge: Er nimmt den Notentext wörtlich, er versteht Musik als Sprache, und er liest die großen Werke als Erzählungen, die existenzielle Einsichten spiegeln. Was hier ganz selbstverständlich klingt, ist im Konzertalltag ein eher ungewöhnlicher Ansatz.
Wenn Christian Tetzlaff den Notentext so tief wie möglich zu erfüllen versucht – ohne sich die oft üblichen geigentechnischen Erleichterungen zu gönnen – dann zeigen sich die altbekannten großen Werke oft in neuer Klarheit und Schärfe. Als Geiger versucht Tetzlaff hinter dem Werk zu verschwinden – und das macht seine Interpretationen paradoxerweise sehr individuell.
Zum Zweiten „spricht“ Christian Tetzlaff mit seiner Geige, sein Spiel umfasst, wie die menschliche Sprache, eine große Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten und ist nicht allein auf Wohlklang und virtuosen Glanz ausgerichtet.
Vor allem aber versteht er die Meisterwerke als Geschichten, die von zentralen Erfahrungen handeln. In ihrer Musik haben die Komponisten intensivste Gefühle, höchstes Glück und tiefste Krisen verarbeitet, und so begibt sich auch Christian Tetzlaff als Musiker in diese Grenzbereiche der Emotionen und der musikalischen Gestaltung. In vielen Stücken geht es um nichts Geringeres als um Leben und Tod. Das dem Publikum zu vermitteln, ist Christian Tetzlaffs Ziel.
Bezeichnenderweise hat Tetzlaff viele Jahre in Jugendorchestern gespielt, in Uwe-Martin Haiberg an der Musikhochschule Lübeck hatte er einen Lehrer, für den die musikalische Interpretation der Schlüssel zur Geigentechnik war – nicht umgekehrt.
Christian Tetzlaff spielt eine Geige des deutschen Geigenbauers Peter Greiner und unterrichtet regelmäßig an der Kronberg Academy.
Er lebt mit seiner Frau, der Fotografin Giorgia Bertazzi und drei Kindern in Berlin.
Das Philharmonische Staatsorchester ist Hamburgs größtes und ältestes Orchester und blickt zurück auf einen langen musikalischen Werdegang. Als 1934 das „Philharmonische Orchester“ und das „Orchester des Hamburgischen Stadttheaters“ fusionierten, trafen zwei traditionsreiche Klangkörper aufeinander. Bereits seit 1828 wurden Philharmonische Konzerte in Hamburg gespielt, Künstler wie Clara Schumann, Franz Liszt und Johannes Brahms waren regelmäßige Gäste der Philharmonischen Gesellschaft. Die Historie der Oper reicht noch weiter zurück: seit 1678 gibt es in Hamburg Musiktheater, wenngleich sich ein festes Opern- bzw. Theaterorchester erst später konstituierte. Bis heute prägt das Philharmonische Staatsorchester den Klang der Hansestadt, ist Konzert- und Opernorchester in einem.
In seiner langen Geschichte traf das Orchester auf große Künstlerpersönlichkeiten wie Telemann, Tschaikowsky, Strauss, Mahler, Prokofjew oder Strawinsky. Seit dem 20. Jahrhundert prägten Chefdirigenten wie Karl Muck, Joseph Keilberth, Eugen Jochum, Wolfgang Sawallisch, Horst Stein, Hans Zender, Christoph von Dohnányi, Gerd Albrecht, Ingo Metzmacher oder Simone Young den Klang der Philharmoniker. Bedeutende Kapellmeister der Vorkriegszeit wie etwa Otto Klemperer, Wilhelm Furtwängler, Bruno Walter, Karl Böhm oder Hans Schmidt-Isserstedt brillierten ebenso am Pult wie herausragende Dirigenten unserer Tage: Christian Thielemann, Semyon Bychkov, Kirill Petrenko, Sir Neville Marriner, Valery Gergiev, Marek Janowski oder Sir Roger Norrington.
Seit 2015 ist Kent Nagano Hamburgischer Generalmusikdirektor sowie Chefdirigent des Philharmonischen Staatsorchesters und der Staatsoper Hamburg. Zu seinem Amtsantritt initiierte Nagano mit der „Philharmonischen Akademie“ ein neues Projekt, das den Auftakt zur jeweils neuen Opern- und Konzertsaison bildet und neben besonderen Spielorten auch ein großes Open-Air-Konzert auf dem Hamburger Rathausmarkt umfasst. 2016 waren Nagano und die Philharmoniker auf Südamerika-Tournee, 2019 folgten Konzertreisen nach Spanien und Japan. Seit 2017 führt Kent Nagano mit dem Philharmonischen Staatsorchester die traditionsreichen Philharmonischen Konzerte in der Hamburger Elbphilharmonie fort, zu deren Eröffnung das Oratorium ARCHE bei Jörg Widmann in Auftrag gegeben und uraufgeführt wurde. Der Konzertmitschnitt ist bei ECM erschienen; Widmann erhielt dafür den OPUS KLASSIK als Komponist des Jahres 2019.
Das Philharmonische Staatsorchester gibt pro Saison insgesamt rund 35 Konzerte in Hamburg und spielt über 240 Vorstellungen der Staatsoper Hamburg und des Hamburg Ballett John Neumeier. Damit ist es Hamburgs meistbeschäftigter Klangkörper. Die stilistische Bandbreite der 140 Musiker, die von historisch informierter Aufführungspraxis bis hin zu den Werken unserer Zeit reicht und sowohl Konzert- als auch Opern- und Ballettrepertoire umfasst, sucht in Deutschland ihresgleichen.
Auch Kammermusik hat bei den Philharmonikern eine lange Tradition: Was 1929 mit einer Konzertreihe für Kammerorchester begann, wurde seit 1968 durch eine reine Kammermusikreihe fortgesetzt.
2008 wurden die damalige Generalmusikdirektorin Simone Young und das Philharmonische Staatsorchester mit dem Brahms-Preis der Brahms-Gesellschaft Schleswig-Holstein ausgezeichnet. Auf CD liegen ein kompletter Wagner-Ring sowie sämtliche Symphonien von Brahms und Bruckner vor – letztere in den selten gespielten Urfassungen – sowie Werke von Mahler, Hindemith, Berg und DVDs mit Opern- und Ballettproduktionen von Hosokawa, Offenbach, Reimann, Auerbach, Bach, Puccini, Poulenc und Weber.
Der musikalischen Tradition der Hansestadt fühlen sich die Mitglieder des Philharmonischen Staatsorchesters ebenso verpflichtet wie der künstlerischen Zukunft Hamburgs. Bereits seit 1978 besuchen die Musikerinnen und Musiker regelmäßig Hamburger Schulen. Heute betreibt das Orchester ein breit gefächertes Education-Programm, das Schul- und Kindergartenbesuche, musikalische Patenschaften, Kindereinführungen, Familienkonzerte und Orchesterproben für Schulklassen beinhaltet und in der eigenen Orchesterakademie junge Musiker auf den Beruf vorbereitet. Damit leisten die Philharmoniker mit viel Spaß an der Sache einen wertvollen Beitrag zur musikalischen Nachwuchsarbeit in der Musikstadt Hamburg.
Keine Frage, das alljährliche Open-Air-Konzert auf dem Rathausmarkt, ein Geschenk des Philharmonischen Staatsorchesters an sein treues Publikum, gehört zu den beliebtesten Klassik-Events der Stadt. Chefdirigent Kent Nagano sorgt im Spätsommer für berauschende Abende unter freiem Himmel. In diesem Jahr lässt sich erleben, von wo aus Ludwig van Beethoven, der spätere Umwälzer aller bis dato gültigen Musik startete: Sein zweites Klavierkonzert ist streng chronologisch betrachtet eigentlich sein erstes; hier ist er noch nah bei seinen Vorgängern Haydn und Mozart. Die Pianistin Mari Kodama spielt den Solopart, der, was angesichts des Komponistenamens dann doch nicht Wunder nimmt, durchaus manch harmonisch Überraschendes bereithält. Neue Wege ging auch Franz Schubert 30 Jahre später. Und was für welche. Allein die Dimensionen der Großen C-Dur-Symphonie sind für seine romantischen Verhältnisse ungewöhnlich, beinahe eine Stunde dauert das Werk. „Die Symphonie hat denn unter uns gewirkt wie nach den Beethovenschen keine noch“, bekannte Robert Schumann, der das Manuskript ein Jahrzehnt nach der Entstehung entdeckte.
„Inmitten der Stadt gemeinsam mit den Hamburgerinnen und Hamburgern in die Saison zu starten, gibt unserem Orchester und dem Team eine wundervolle Welle an positiver Energie – ein absoluter Spielzeit-Höhepunkt in Traumkulisse.“
Barbara Fasching, Orchesterdirektorin