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  • Foto: Brinkhoff/Mögenburg
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„Man sieht, was man hört“ – Zur Musik

Kammeroper WEISSE ROSE

„Eine wesentliche Frage ist – welche Rolle spielt Kunst in unserem Leben überhaupt? Viele werden sagen – ohne Kunst kann ich nicht leben. Aber wie lebe ich mit Kunst? Wie gehe ich damit um? Das hängt damit zusammen, wie wir überhaupt miteinander umgehen, miteinander leben.“
Udo Zimmermann

Vor gut 35 Jahren schrieben der Komponist Udo Zimmermann und der Librettist und Dramaturg Wolfgang Willaschek eine Kammeroper mit dem Titel WEISSE ROSE, die in der opera stabile der Staatsoper Hamburg 1986 Uraufführung feierte: 2 Sänger*innen, 15 Musiker*innen, Monologe der Erinnerung, des Sehnens und Fürchtens junger Menschen, die sich dem Nationalsozialismus widersetzten. Die beiden Protagonist*innen Sophie und Hans Scholl stehen mit ihren Gedanken und Gefühlen kurz vor der Hinrichtung im Gefängnis Stadelheim am 22. Februar 1943 stellvertretend für den engen Kreis der Widerstandsgruppe „Weiße Rose", deren Mitglieder alle für ihre freie Meinungsäußerung sterben mussten.
Losgelöst von einer realistischen Handlung im Gefängnis führt das Musiktheaterwerk an das Innerste von Sophie und Hans Scholl heran: „Es ist eine Dramaturgie des ‚inneren Theaters'", so Zimmermann, „die ‚Stille', die ‚Pausen' sind die wesentlichsten Elemente einer solchen ‚inneren Handlung'. Vielleicht sind die größten Momente im Stück die ‚Augenblicke des Schweigens'." Zwischen Träumen, Naturszenerien und Momenten des Grauens entsteht ein intimer Zugang zum Schicksal des Widerstandskreises. Mit der Schlussszene „Sind denn keine Ohren, die hören, was getrommelt wird, wer da trommelt?" wendet sich der Komponist direkt ans Publikum: „Das seid ihr, wie ihr miteinander umgeht, miteinander lebt, denn die menschliche Gefährdung heißt nicht nur Diktatur, ihr wisst nicht mehr, woher ihr kommt, wohin ihr geht, ihr habt eure Geschichte verloren."
Mehr als eine historische Rückschau stellt diese Kammeroper in Zimmermanns Augen ein Gleichnis unserer Zeit dar, das unsere Haltungen und Überzeugungen in Frage stellen will. Die „Vergangenheit als Parabel der Gegenwart", so der Komponist.

Dirigent Nicolas André über die Musik

Nicolas André kam 2018 als Assistent von Generalmusikdirektor Kent Nagano an die Staatsoper Hamburg. Inzwischen gastiert er als freischaffender Dirigent international und ist regelmäßig in Hamburg am Pult zu erleben. Die Komposition von Udo Zimmermann hat ihn in ihrer Intimität und Psychologie vom ersten Augenblick an in ihren Bann gezogen. Im Video gibt er Einblicke in die zentralen Motive der Komposition: Wie klingt das Kinderlied? Die Guillotine? Die Ruhe, bevor etwas Grausames geschieht.

Komponist Udo Zimmermann

„Beim Gespräch, Pfeife rauchend oder nicht, fasst er sein Gegenüber fest ins Auge, immer bereit, den rechten Augenblick abzupassen, das Wort zu ergreifen, wahrlich jemand, der seine Sache in den Mund und dann die Initiative in die Hand zu nehmen weiß.“
Wolfgang Willaschek über Udo Zimmermann

Udo Zimmermann wird während des Zweiten Weltkrieges 1943 in Dresden geboren. Mit zehn Jahren wird er Sängerknabe im Dresdner Kreuzchor – die Faszination für die menschliche Stimme, den Gesang begleitet ihn seine gesamte Karriere. Gefördert vom Kreuzkantor entstehen erste Kompositionen, die mit dem Chor aufgeführt werden. Auf klassische Studienfächer für seinen bisherigen Werdegang wie Komposition, Dirigieren und Gesang an der Dresdner Musikhochschule folgen Theaterjahre: Zimmermann assistiert bei Regisseur Walter Felsenstein und bekommt eine Stelle an der Dresdner Staatsoper als Dramaturg, dann Chefdramaturg. Er gründet und leitet Konzertreihen für Neue Musik, lehrt als Professor für Komposition an der Dresdner Musikhochschule und wird 1990 Intendant der Oper Leipzig, wo er sich besonders für Uraufführungen und das Musiktheater des 20. Jahrhunderts einsetzt – auch wenn es wirtschaftlich nicht immer gern gesehen ist. Auf dieses Engagement folgen zwei Jahre als Generalintendant der Deutschen Oper Berlin bis zum Jahr 2003. Parallel gastiert er als Dirigent bei internationalen Orchestern wie den Berliner Philharmonikern, dem Tonhalle-Orchester Zürich und dem Concertgebouw-Orkest Amsterdam. Mit seinen Kompositionen, ob Orchesterwerke oder Opern, gehört er seit den Siebzigerjahren zu den meistgespielten Komponisten der Gegenwart. Seine Kammeroper WEISSE ROSE ist sein erfolgreichstes Werk. Zimmermann ist Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse. In den vergangenen Jahren lebt er aufgrund einer Erkrankung weitgehend zurückgezogen von der Öffentlichkeit.

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